Schildkröten



Faszination Schildkröten

Schildkröten sind wechselwarme, eierlegende Kriechtiere, gehören zur Klasse der Reptilien und leben seit mehr als 220 Millionen Jahren auf dem Planeten Erde – somit lebten sie schon lange, bevor sich die Dinosaurier entwickelten. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit konnten sie ihren Fortbestand bis in die heutige Zeit sichern. Leider sind viele Arten durch den menschlichen Einfluss seit einigen Jahren akut gefährdet.


Die Ordnung der Schildkröten wird in 313 Arten mit über 200 Unterarten unterteilt. Sie reichen von mediterranen Landschildkröten in Europa, Wüstenschildkröten in Afrika, zahlreichen kleinen Wasserschildkröten, welche in Nordamerika und Südostasien ihr Zuhause haben über die deutlich größer werdenden Flussschildkröten in Südamerika, Riesenschildkröten von den Galápagos-Inseln und Seychellen, Weichschildkröten in Asien und Schlangenhalsschildkröten in Australien bis hin zu den Meeresschildkröten, welche die größten Schildkröten der Welt sind.

Aufbau des Panzers

Der Panzer von Schildkröten (lateinisch Pantex), bestehend aus Rücken- (Carapax) und Bauchpanzer (Plastron), umschließt alle wichtigen Organe und Körperregionen. Auf der untersten Schicht aus massiven Knochenplatten befindet sich je nach Art eine lederartige Hautschicht oder die typische Schicht aus Hornschildern (Scuta), wie man sie von einer Wasserschildkröte oder Landschildkröte kennt. Die Färbung der Hornschilde hängt primär von der Herkunft des Tieres ab, da sich die meisten Arten farblich an ihr Habitat angepasst haben. Je nach Spezies unterscheidet sich das Aussehen des gesamten Panzers sehr stark.

Bei der Gruppierung der Hornschilde kann es zu artbedingten Abweichungen in Anzahl und Vorhandensein kommen.

Hornschilde des Rückenpanzers

  • 1 Nackenschild
  • 24 Randschilde
  • 5 Wirbelschilde
  • 8 Rippenschilde
  • 1 Schwanzschild

Hornschilde des Bauchpanzers 

  • 2 Kehlschilde
  • 2 Armschilde
  • 2 Achselschilde
  • 2 Brustschilde
  • 2 Bauchschilde
  • 2 Hüftschilde
  • 2 Beinschilde
  • 2 Afterschilde

Bei einigen Schildkröten-Arten war die Panzerform sogar namensgebend (Höckerschildkröte).

Sinnesleistungen

Alle Arten sehen sehr gut. Wasserschildkröten können sogar den Brechungswinkel des Wassers dank ihrer speziell geformten Linse ausgleichen. Jagende Schildkröten können durch eine Veränderung der Augenstellung sowohl räumlich als auch im Panorama sehen. Die Fluchtreaktion der Tiere ist von der Geschwindigkeit der visuell wahrgenommenen Bewegung abhängig. Nähert sich Schildkröten etwas sehr langsam, flüchten sie später als bei einer schnellen Annäherung

Ebenfalls sehr gut ausgeprägt ist der Geruchssinn. Damit erkennen sie geeignete Nahrung, Erde, in der sie ihre Eier vergraben können, oder passende Geschlechtspartner.

Nur das Gehör ist weder bei Wasser- noch bei Landschildkröten gut entwickelt. Aufgrund des fehlenden Außenohrs können sie Geräusche nicht in einem Umfang wahrnehmen, wie es beispielsweise der Mensch oder andere Tiere können. Hauptsächlich nehmen sie tiefe Vibrationen wie zum Beispiel Trittgeräuche wahr.

Schildkröten sind bis auf wenige Situationen stumm. Dazu zählen Schreckreaktionen, bei welchen die Tiere fauchende Zischlaute erzeugen, die Paarung, bei welcher die Männchen vieler Arten piepsende oder keuchende Laute von sich geben und Kampfsituationen.

Auch die kognitiven Fähigkeiten sind sehr gut entwickelt. Schildkröten können sich Futterquellen, Trinkplätze und spezielle Wege – beispielsweise zum Geburtsort – merken, was auf einen hervorragenden Orientierungssinn zurückzuführen ist.

Ernährung von Schildkröten

Unter den Schildkröten gibt es Pflanzen- und Fleischfresser, wobei je nach Art auch alles gefressen wird. Meistens ist die Nahrung sehr abwechslungsreich, da die Tiere bei ihrer Suche nach Futter nicht sehr wählerisch sind. Oft ist es so, dass Schildkröten zum Beispiel in ihrem jeweiligen Habitaten ein nur sehr geringes Futterangebot vorfindet. Das Nahrungsspektrum reicht je nach Art von Wiesenkräutern, Blüten, Früchten, Wasserpflanzen und Algen über Insekten, Würmern, Schnecken, Fischen, Seesternen, Krabben und Quallen bis hin zu Aas und Ausscheidungsprodukten von anderen Tieren.

Für die Ausbildung des Knochenskeletts und zur Zeit der Eiablage benötigen Schildkröten zudem eine calciumreiche Nahrung.

Geschlechtsunterschiede

Merkmal Männchen Weibchen
Kloake liegt eher am Schwanzende liegt näher am Panzer
Schwanz meist deutlich länger und breiter kürzer und schmaler
Körpergröße in der Regel kleiner größer
Bauchpanzer nach innen gewölbt eher flach

Die meisten Geschlechtsmerkmale sind bei jungen Schildkröten noch nicht zu unterscheiden, sondern werden erst im Zuge der Geschlechtsreife ausgebildet. Diese wird nach mehreren Jahren erreicht und ist nicht nur vom Alter, sondern auch von dem Gewicht der Schildkröten abhängig.

Fortpflanzung

Zur Paarungszeit, welche bei Schildkröten aus gemäßigten Klimazonen im Herbst und Frühjahr liegt und bei tropischen Arten eher abhängig von Regenzeiten und der Luftfeuchtigkeit ist, werden die Weibchen gezielt von den Männchen aufgesucht, welche vermutlich durch Geruchshormone geleitet werden. Haben sich zwei Schildkröten gefunden, beginnt der eigentliche Paarungsakt bei den meisten Arten mit einer Balz, bei welcher das Weibchen verfolgt, umkreist und mit teilweise heftigen Bissen in die Extremitäten und Rammstößen gegen den Panzer eingeschüchtert wird. Die weiblichen Schildkröten bleiben dank der Möglichkeit zur Samenspeicherung befruchtungsfähig und können so auch nach Jahren noch befruchtete Eier legen, ohne erneut kopulieren zu müssen.

Schildkröten legen ihre Eier immer an Land ab. Das Weibchen nimmt dabei häufig lange und gefährliche Wanderungen in Kauf, um zur Eiablagestelle zu gelangen. Wurde einmal ein geeigneter Ort gefunden, welcher abhängig von der Sonnenlage, der Bodenbeschaffenheit und Überschwemmungssicherheit ist, wird dieser meist über viele Jahre beibehalten. Die weiblichen Schildkröten graben mit den Hinterbeinen eine tiefe, häufig birnenförmige Grube, legen die Eier vorsichtig hinein und scharren das Loch wieder sorgfältig zu, sodass keine Nesträuber die Eier finden. Das Ausbrüten der Eier überlassen die Schildkröten der Sonne. Das Embryo entwickelt sehr schnell einen Dottersack, weshalb das Ei, nachdem es gelegt wurde, nicht mehr gedreht werden darf – der Keimling würde sonst sterben.

Je nach Art haben die Eier eine andere Form, Größe und Beschaffenheit. Die Anzahl variiert von einem bis zu 200 Eiern.

Bei einigen Schildkröten-Arten ist das Geschlecht genetisch bereits bei der Befruchtung bestimmt. Beispielsweise bei Europäischen Wasser- und Landschildkröten hängt dies von der Bruttemperatur ab. Hat sich das Jungtier vollständig entwickelt, öffnet es das Ei mit der Eischwiele am Oberkiefer und klettert hinaus. In einigen Fällen wird die Schale auch von der Schildkröte mit einem Bein geöffnet. Danach beginnt sich der gefaltete Bauchpanzer zu strecken und sprengt die Schale vollkommen auf. Nachdem die jungen Schildkröten geschlüpft sind, bleiben sie noch einige Zeit in der Nisthöhle, bis der Dottersack vollkommen aufgebraucht ist. Danach beginnt das gemeinsame ausgraben zur Oberfläche. Die frisch geschlüpften Schildkröten stimmen sich dabei ab, um gemeinsam aus der Höhle zu kriechen und die Chance von Fressfeinden erwischt zu werden zu minimieren. Sie sind dabei komplett auf sich alleine gestellt.

Größenunterschiede bei Schildkröten

Die kleinsten Schildkröten sind die Männchen der Gesägten Flachschildkröte Homopus signatus aus Südamerika mit einer Rückenpanzerlänge von ca. 7,5 Zentimetern. Viele Arten, wie zum Beispiel die Europäische Landschildkröte, erreichen nur eine Größe von 10 bis 50 Zentimetern und einem Gewicht von 70 Gramm. Im Gegensatz dazu erreichen die Riesenschildkröten auf den Galápagos-Inseln und den Seychellen eine Panzerlänge von über einem Meter. Noch wesentlich Größer werden die Meeresschildkröten, wie zum Beispiel die Lederschildkröte, welche mit einer Panzerlänge von bis zu 2,5 Metern und einem Gewicht um die 900 Kilogramm die größte Schildkrötenart der Welt ist.

Rekorde

1.) Adwaita, das Aldabra-Riesenschildkrötenmännchen, wurde um 1750 auf den Seychellen geboren und starb am 22. März 2006 in Kalkutta. Das Tier lebte in Zoos in Indien und Kalkutta und galt mit wahrscheinlich 256 Jahren als ältestes in Gefangenschaft lebende Tier.
2.) Tu‘i Malila, eine Strahlenschildkröte aus Madagaskar, wurde um 1778 geboren und starb am 19. Mai 1965. Die Landschildkröte wurde angeblich dem Kapitän James Cook von der königlichen Familie von Tonga geschenkt.
3.) Harriet, eine 180 kg schwere Galápagos-Riesenschildkröte, wurde um 1830 geboren und starb am 23. Juni 2006 im Australia Zoo in Queensland, Australien. Sie wurde damit ungefähr 175 Jahre alt.
4.) Timothy, eine Maurische Landschildkröte, wurde um 1844 geboren und starb am 4. April 2004 auf Schloss Powderham bei Exeter. Das Tier war das Maskottchen des britischen Militärs und wurde 1854 von Kapitän John Courtenay Everard auf einem geenterten portugiesischen Freibeuterschiff gefunden.